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KI Data Tooling

Erfolgreiche Realdaten-Messkampagne in Aschaffenburg

Im Projekt KI Data Tooling wurde zwischen dem 17. und 19. Mai eine erste erfolgreiche Messkampagne zur Realdatenerfassung durchgeführt. In einem Interview berichteten Manuel Hetzel (Hochschule Aschaffenburg, UAB), Jihad Miramo (Bosch) und Tobias Wagner (Valeo) über die umfangreichen Vorbereitungen, die praktische Umsetzung und welche Lehren sie für die nächsten Messkampagnen gezogen haben.

Beginnen wir mit der Motivation: Was waren die Ziele der Messkampagne in Aschaffenburg?

Manuel Hetzel: Das primäre Ziel war natürlich, einen ersten Satz an realen Daten für das Projekt KI Data Tooling zu sammeln. Dies geschieht im Projekt üblicherweise durch zwei unterschiedliche Methoden: Zum einen fahren die Testfahrzeuge frei durch Deutschland und sammeln auf diese Weise Daten. Zum anderen können wir auch auf zwei mit zusätzlichen Sensoren ausgestattete Forschungskreuzungen zurückgreifen: eine in Braunschweig, eine in Aschaffenburg. Hier haben wir die Möglichkeit, bestimmte Szenarien zu planen und nachzuspielen und so präzise Daten zu sammeln - genau das, was wir bei der Messkampagne gemacht haben.

Tobias Wagner: Ein weiterer Vorteil einer solchen Kampagne ist natürlich, dass wir Daten zu bestimmten Szenarien aus drei Perspektiven erhalten: Sowohl die Testfahrzeuge als auch die rund um die Forschungskreuzung installierten Sensoren zeichnen Daten der gleichen Situation auf - wir können sie also im Nachhinein vergleichen und lernen auch viel aus der räumlichen und zeitlichen Synchronisation. Das waren die Beweggründe für die Durchführung dieser Messkampagne und natürlich auch für die Planung weiterer solcher Messkampagnen.

Wie genau habt ihr euch im Vorfeld vorbereitet?

Manuel Hetzel: Am Anfang waren vor allem die drei Projektpartner Bosch, Valeo und UAB beteiligt. Wir haben aber natürlich alle Partner in die Vorbereitung einbezogen. Jeder Partner konnte in einem Ticketsystem eine Art Anforderungsliste für bestimmte Szenarien oder spezielle Anforderungen ausfüllen. Auf der Grundlage dieser Tickets haben wir dann einen Zeitplan für die Kampagne erstellt. Natürlich konnten wir noch nicht auf alle Wünsche eingehen, deshalb sind wir vorerst so vorgegangen, dass jeder einen gleichen Anteil erhält. So bekommt jeder Partner einige Anforderungen erfüllt. Den Rest der Tickets können wir dann bei den kommenden Messkampagnen berücksichtigen.

Und wie genau hat das während der Messkampagne funktioniert?

Jihad Miramo: Wir haben den oben erwähnten Zeitplan in Zeitfenster unterteilt. Für jedes Zeitfenster gab es neben den regulären Verkehrsteilnehmern zwei bis drei eingewiesene Statisten - hauptsächlich Studenten der UAB. Vor jedem Szenario wurden Fahrzeuge und Statisten über eine Telefonkonferenz miteinander verbunden, so dass der genaue Startzeitpunkt festgelegt werden konnte und sich alle auf ihren vordefinierten Routen bewegten. Wenn ein Manöver beendet war, mussten die Fahrzeuge wieder umdrehen und alle mussten sich für das nächste Szenario wieder in die Ausgangsposition begeben. Auf diese Weise konnten wir während der drei Tage an der Forschungskreuzung etwa 250 verwertbare Szenen aufnehmen. An den meisten Szenen sind beide Fahrzeuge beteiligt, sodass wir insgesamt etwa 400 Szenen aus der Sicht der Fahrzeuge erhalten.

Tobias Wagner: Zusätzlich zu den vordefinierten Szenarien konnten wir weitere Daten aus den Abbiegesituationen der Fahrzeuge sammeln, sodass wir hier einige Bonusdaten erhalten konnten. Das bedeutet, dass das Valeo-Fahrzeug zum Beispiel etwa 300 Szenarien aufzeichnen konnte.

Gab es während der Messkampagne irgendwelche unvorhergesehenen Ereignisse?

Manuel Hetzel: Es gab keine "typischen" unvorhergesehenen Ereignisse. Natürlich gab es einige Verkehrsteilnehmer - nicht unsere Statisten - die sich nicht immer an die Verkehrsregeln halten und zum Beispiel eine rote Ampel überfahren. Das sind aber ganz normale Vorkommnisse im normalen Straßenverkehr. Außerdem hatten wir einige ungewöhnliche Szenarien in unserem Drehbuch, z. B. Fußgänger, die mit Krücken gehen oder Fußgänger, die eine große Leiter tragen. Außerdem war das Wetter ziemlich abwechslungsreich - wir hatten sowohl Sonne als auch Regen und konnten sogar in der Dämmerung noch gute Szenarien durchführen.

Was geschieht nun mit den Daten?

Jihad Miramo: Im Moment ist jeder beteiligte Partner damit beschäftigt, seine eigenen Daten zu analysieren. Wir planen, bis Ende des Monats alle Daten auf eine gemeinsame Plattform hochzuladen, um sie für die anderen Projektpartner zugänglich zu machen. Dann können wir auch mit den vergleichenden Analysen beginnen. Da es sich um die erste Kampagne dieser Art handelte, sind wir gerade dabei, die Instrumente und Methoden zu entwickeln, die für die Durchführung solcher vergleichenden Analysen erforderlich sind.

Wurden eure Erwartungen an die Kampagne erfüllt? Welche Lehren habt ihr daraus gezogen?

Tobias Wagner: Was die Daten angeht, können wir vor der Auswertung noch keine Schlüsse ziehen - wir sind aber schon jetzt sehr zufrieden mit der Menge der Daten und der Vielfalt der Szenarien. Ich denke, dass am Ende jeder Partner von den gesammelten Daten profitieren wird, was ein Erfolg ist.

Jihad Miramo: Abgesehen von den gesammelten Daten sind wir auch mit der Organisation der Kampagne sehr zufrieden, alles ist gut gelaufen. Natürlich gibt es in einigen Bereichen immer Raum für Verbesserungen - zum Beispiel sollte mehr Zeit für Wendemanöver eingeplant werden oder für das Aufladen der Fahrzeugbatterien bei der nächsten Messkampagne. Dies sind jedoch typische Lehren aus einer solchen Kampagne, die wir bei den nächsten Kampagnen sofort umsetzen werden.

Und schließlich: Welche Bedeutung hat die Messkampagne für das KI Data Tooling und für eure weitere Arbeit?

Manuel Hetzel: Realdaten sind einer der Eckpfeiler von KI Data Tooling. Fast jedes unserer Arbeitspakete benötigt in der einen oder anderen Form Realdaten - zum Beispiel für den Vergleich von realen und synthetischen Daten, für die Entwicklung von Auto-Labelling-Methoden, für die Corner-Case-Detection, für die Kompression oder für die Datenanreicherung.  Mit der Messkampagne haben wir also eine wesentliche Grundlage für die weitere Arbeit des Projekts gelegt. Deshalb sind bereits weitere Messkampagnen für den Sommer und November/Dezember geplant.

Jihad Miramo: Ich möchte einen nicht-technischen Vorteil dieser Messkampagne hinzufügen, nämlich dass wir uns endlich zum ersten Mal persönlich treffen konnten. Das stärkt unsere Zusammenarbeit in diesem Projekt und erleichtert die kommenden Kampagnen weiter.

Bild: TH Aschaffenburg